Henrick Stahr
Fotogeschichte * Brasilien - Literatur & Fotografie * Publikationen * Ausstellungen * Kontakt * Home
|
|
"Annäherungen an die fotografische Ikonographie São Paulos als globaler Stadt", Brasilien Tagung ADLAF 11.-13.10.2002
Der Vortrag befasste sich mit der fotografischen Repräsentation São Paulos in sozialdokumentarischer Fotografie, Reiseführern, Bildbänden und künstlerischer Fotografie der 80er und 90er Jahre. Er fragte nach Tendenzen und Grenzen der Darstellbarkeit der Hypermetropole im Medium Fotografie.
Der Vortrag ist publiziert in:
"Annäherungen an die fotografische Ikonographie São Paulos als globaler Stadt", in: Sevilla, Rafael / Costa, Sérgio / Coy, Martin (Hrsg.): Brasilien in der postnationalen Konstellation. Tübingen (CCC) 2003, S. 188-196. (= Brasilianisten-Gruppe in der ADLAF: Beiträge zur Brasilien-Forschung. 1). Leider aus Copyright-Gründen ohne die Beispielfotografien! © 2003 CCC Tübingen. Zentrum für Wissenschaftliche Kommunikation mit Ibero-Amerika (CCC), Denzenbergstraße 35, D-72074 Tübingen. Bestellungen bitte an diese Adresse! Das Buch kostet 15 €.
Aufsätze über João Silvério Trevisans Roman "Ana em Veneza" (São Paulo 1994, Editora Best Seller; deutsch: Ana in Venedig, Übersetzung von Karin von Schweder-Schreiner, Frankfurt/Main 1997, Eichborn-Verlag)
"João Silvério Trevisans 'Ana in Venedig'" In: Tranvia - Revue der Iberischen Halbinsel (Berlin), zusammen mit Angela Pawlik, Heft 49, Juni 1998, S. 59-60 (Evtl. noch erhältlich bei: edition tranvía Postfach 303626 · 10727 Berlin Tel./Fax 030-8832561 · E-mail: Tranvia@aol.com )
"Die produktive Rezeption von Thomas Mann im Roman 'Ana em Veneza' von João Silvério Trevisan (1994)" In: Pandaemonium Germanicum (Universidade de São Paulo - USP), Nr. 3.1, Jan.-Jun. 1999, S. 85-107, zusammen mit Angela Pawlik.
(Informationen zur Zeitschrift und zur Deutschabteilung der USP erhalten Sie unter diesem Link: www.fflch.usp.br/alemao und unter http://www.aleg2003.org/1organisation.doc).
„Konstruktionen brasilianischer (Künstler-)Identität mittels der produktiven Rezeption von Thomas Mann im Roman ‚Ana em Veneza' von João Silvério Trevisan (1994)", in: ABP (Afrika/Asien, Brasilien, Portugal) - Zeitschrift zur portugiesischsprachigen Welt (Universiät zu Köln), H. 2 „Identitätsdiskurse - Intertextualität und Intermedialität in Brasilien und Portugal" (1999), S. 101-109, zusammen mit Angela Pawlik.
"Die Rezeption von Thomas Mann im Kontext der Reflexionen von Identität und Fremdheit in João Silvério Trevisans Roman 'Ana em Veneza' (1994)", in: Mornhinweg, Günther; Pandolfi, Ana María (Hrsg.): Actas del IX Congreso Latinoamericano de Estudos Germanísticos. IX Lateinamerikanischer Germanistenkongress. ALEG, Concepción, Chile - Enero 1998. Concepción - Chile (Editorial Universidad de Concepción) 2000, S. 393-399, zusammen mit Angela Pawlik.
Ausstellung von Holzschnitten von Künstlern aus dem Ceará im Instituto Cultural Brasil-Alemanha (ICBRA)
Berlin, 12. März 1998
"Tauape em Berlim"
Arbeit von Roberto Galvão
Am 12. März 1998 wurde im Brasilianischen Kulturinstitut in Berlin eine Ausstellung der Künstlergruppe "Tauape" aus Fortaleza- Ceará eröffnet, an deren Organisation der Autor beteiligt war. Sie zeigte Holzschnitte aus dem Ceará, deren Qualität und innovative Formen der alten traditionellen Volkskunst Nordostbrasiliens neue Impulse gab.
Auf der Suche nach einem Kofinanzier und einem geeigneten Ausstellungsort traf der Autor Dodora Guimarães, Direktorin des Zentrums für visuelle Kunst "Raimundo Cela" der Secretaria de Cultura des Ceará. Dies war ein echter Glücksfall. Nicht nur war sie im Höchstmaß am künstlerischen Austausch interessiert, sie bot auch das Centro Cultural da Abolição als Ausstellungsort für die Dürer-Ausstellung. Aber eine Ausstellung von Dürer-Reproduktionen allein? Das wäre allzu trocken geworden und hätte nicht dem Anspruch eines kulturellen Dialogs entsprochen. Gemeinsam entstand die Idee, eine Zusatzausstellung zu organisieren, in der lokale Künstler sich im Medium Holzschnitt mit den Vorgaben Dürers frei auseinandersetzen sollten. Hier war die kuratorische Hilfe Dodoras unverzichtbar: Sie wusste, wen man ansprechen musste, sie kannte die lokale Szene. Mit Hilfe von Gilmar de Carvalho und Mirtília Barroso gelang es, 21 Künstler einzuladen.
Alle lieferten sie Holzschnitt-Interpretationen Dürerscher Motive: mal ironische Brechungen (Francisco Bandeira), mal respektvolle Hommages (Jorge Luiz), mal in größerer Treue zum Vorbild (Elosman), mal in freiester Ablösung (Hélio Rôla). Manches wurde in den Kontext des Ceará versetzt: Aus dem Heiligen Georg wurde ein Cangaceiro (Naldo), das berühmte Rhinozeros zum "Rhinocerus Express Ceará" (Nilo). Sérvulo Esmeraldo benutzte das Dürersche Signet AD für kalligrafische Experimente.
Die Ausstellung, die vom 8. - 13. März 1995 im Centro Cultural da Abolição stattfand, wurde in einem kleinen Katalog dokumentiert. Die Ausstellung selber war ein voller Erfolg. In ihr präsentierte sich die Renaissance des künstlerischen Holzschnitts, der seit Ende der 80er Jahre in Fortaleza mit der Einrichtung der "Oficina de Gravura e Papel Artesanal" im MAUC-UFC unter der Koordination von Eduardo Eloy begonnen hatte.Bereits 1994 hatte das MAUC eine Ausstellung "Xilogravura Cearense - Imágem Atual" organisiert, um die Arbeiten der Künstler zu präsentieren, und 1995, kurz nach dem Dürer-Experiment, folgte die zweite. Mit dem Beginn von Umbauarbeiten im MAUC 1996 sah sich die Kerngruppe der Künstler nach einem neuen Atelier um und fand es im Stadtteil São João do Tauape - indianisch für "Der Weg des gelben Lehms". Tauape wurde der Name der Künstlergruppe, der Eduardo Eloy, Hélio Rôla, Nauer Spíndola, Roberto Galvão, Sebastião de Paula und Sérgio Lima angehörten.
Die Qualität ihrer Arbeiten erreichte bald ein so überzeugendes Niveau, dass 1996 mit Unterstützung der UFC erstmals eine Wanderausstellung durch den Südosten Brasiliens zusammengestellt wurde, die im Museu Nacional de Belas Artes do Rio de Janeiro, im Museu de Arte Contemporânea da Universidade de São Paulo und im Museu da Gravura Cidade de Curitiba mit großem Erfolg gezeigt wurde.
Zu dieser Tournee erschien ein sehr schöner, aufwendig gestalteter Katalog, in dem neben den Arbeiten und Biographien der Künstler auch die Geschichte des Holzschnitts im Ceará und die Entwicklung des Ateliers Tauape dargestellt wurden. Roberto Galvão beschrieb auch die Technik des künstlerischen Holzschnitts: Das Papier werde selbst geschöpft, aus "fibras de aguapé, coco, bananeira, juta, agave, algodão" oder man vermische Papierreste; als Holz suche man "muiracatiara, louro, piqui, umburana, maçaranduba" aus."Para nós, a opção pela xilogravura e pelo papel artesanal ou reciclado é natural. Parece que todos têm um certo prazer em trabalhar e fazer reviver uma técnica que serviu de meio de expressão para o nosso povo em tempos difíceis e que, de certo modo, tornou-se ícone da nossa cultura. Parece que, acostumados com o sol forte, gostamos da radicalidade do claro-escuro, do preto no branco. Parece-nos que, apesar de bastante árdua, esse é um jeito natural de fazer arte." ("Für uns ist die Entscheidung für den Holzschnitt und das handwerklich hergestellte oder Recyclingpapier etwas Natürliches. Offenbar macht es uns allen eine gewisse Freude, eine Technik wiederzubeleben, die unserem Volk in schwierigen Zeiten als Ausdrucksmittel diente und in gewisser Weise zur Ikone unserer Kultur wurde. Gewöhnt an das starke Sonnenlicht, mögen wir anscheinend die Radikalität des Hell-Dunkel, des Schwarz auf Weiß. Obwohl sehr mühevoll, scheint uns dies ein natürlicher Weg zu sein, Kunst zu machen."
KunKunst zu machen.")
Arbeit von Hélio Rôla
Im März und April 1997 ging die Ausstellung unter dem Motto "Corriendo las Fronteras" auch nach Argentinien. Sie wurde im Centro Cultural Recoleta präsentiert.
Daraufhin bemühten sich die Grupo Tauape und der Autor darum, die Ausstellung in Berlin zu zeigen und dafür als Partner das erst seit wenigen Jahren existierende ICBRA (Instituto Cultural Brasil-Alemanha) zu gewinnen. Es gelang, mit der großzügigen Unterstützung der UFC (vor allem des Rektors Roberto Cláudio de Frota Bezerra), des brasilianischen Kulturministeriums, auch privater Sponsoren und vor allem mit Hilfe des Direktors des ICBRA, Tiago de Oliveira Pinto, nicht nur die Reise der Bilder, sondern auch der Künstler selbst nach Berlin zu ermöglichen.
Der Beitrag der Casa de Cultura Alemã der UFC selbst war finanziell äußerst gering, doch oblag dem Autor, die Kontakte und Pläne zu koordinieren, Hindernisse und Missverständnisse zu beseitigen und, als am 12. Mai 1998 die Ausstellung in den Räumen des ICBRA eröffnet wurde, eine kurze Einführung in die Arbeiten zu geben.
Dort hieß es im kleinen Katalog: "Apesar de toda a liberdade formal e temática de uma arte moderna, percebe-se nas suas obras as raízes de inspirações da cultura popular e das realidades específicas do Ceará e do Nordeste, essa região vasta, descrita por Euclides da Cunha: o imaginário artístico é inspirado nas crenças, na mística e nas lendas com o seu arcaísmo medieval, como nos seres fantasmagóricos de Sebastião de Paula e Roberto Galvão, ou nas figuras heróicas (ironizadas) de Eduardo Eloy. Mas o Ceará já não é uma região somente rural. Com Fortaleza, sua capital de 2 milhões de habitantes, também entra na percepção artística o caos urbano e a modernidade tecnológica, seja numa forma violenta, seja numa forma poética, como nas imagens caleidoscópicas de Hélio Rôla ou nos seres voláteis e frágeis de Náuer Spíndola. Tanto a luz tropical intensa do Ceará, com seus contrastes extremos, como a beleza cruel e áspera do sertão e as silhuetas de suas enormes dunas podem ser encontradas nas formas gráficas de Sérgio Lima."
("Bei aller formalen und thematischen Freiheit einer modernen Kunst nimmt man in ihren Arbeiten stark die Wurzeln und Inspirationen der Volkskultur und der besonderen Realität des Ceará und des Nordostens wahr, dieser weiträumigen Landschaft, wie sie durch Euclides da Cunha beschrieben wurde: Die künstlerische Vorstellungswelt ist angeregt von Volksglauben, Mystik und den Legenden mit ihrer mittelalterlichen Archaik, wie in den fantastischen Wesen von Sebastião de Paula und Roberto Galvão, oder den - ironisierten - heldenhaften Gestalten von Eduardo Eloy.
Aber der Ceará ist nicht mehr ein rein ländliches Gebiet. Durch die Existenz der 2-Millionen Hauptstadt Fortaleza tritt das urbane Chaos und die technische Modernität in die künstlerische Wahrnehmung ein, sei es gewalttätig oder poetisch, wie in den kaleidoskopischen Bildern von Hélio Rôla oder in den fliegenden und zerbrechlichen Wesen Nauer Spíndolas. Sowohl das intensive tropische Licht des Ceará, mit seinen extremen Kontrasten, als auch die grausame und rauhe Schönheit des Sertão und die Silhuetten der enormen Dünen kann man in den grafischen Formen bei Sérgio Lima wiederfinden.")
Zur Ausstellung erschien im TIP, der größten Kultur-Wochenzeitschrift Berlins, ein Artikel von Angela Pawlik, der das Berliner Publikum auf die Holzschnittkunst des Ceará aufmerksam machte. Sie zitierte Roberto Galvão mit den Worten: "O motivo que nos leva a palmilhar esse caminho, que se pode imaginar arcáico, apesar de termos perfeita consciência do que se faz pelo mundo, de Nova Iorque a Paris passando por Veneza e Kassel, é uma busca de identidade. Afinal de contas temos o direito der ser nós mesmos. Apenas queremos ser artistas do Tauape e do Mundo." ("Das Motiv, das uns trotz des Bewusstseins der künstlerischen Entwicklungen von New York bis Paris, über Venedig und Kassel diesen archaisch anmutenden Weg beschreiten lässt, ist die Suche nach Identität. Letztlich haben wir das Recht, wir selbst zu sein. Wir wollen nur Künstler sein - Tauapes und der Welt.")